Die stille Revolution – Wie Trocken-Trenn-Toiletten unser Verhältnis zu "Geschäftlichem" verändern


Über kaum etwas wird so wenig gesprochen – und kaum etwas betrifft uns alle so direkt: Toiletten. Jeden Tag. Mehrmals. Und jedes Mal spülen wir dabei etwas weg, das eigentlich gar nicht verloren gehen müsste.

Denn herkömmliche WCs spülen kostbares Trinkwasser – rund 6 bis 9 Liter pro Spülung – einfach in die Kanalisation. Dabei enthalten unsere Ausscheidungen wertvolle Nährstoffe, die in der Landwirtschaft sogar dringend gebraucht würden. Was für ein Paradoxon!


Wasser sparen, Nährstoffe nutzen – das Prinzip der Trocken-Trenn-Toilette

Trocken-Trenn-Toiletten funktionieren ganz ohne Wasser. Sie trennen flüssige und feste Bestandteile direkt beim „Abwurf“ – ganz hygienisch, ganz einfach.

  • Der Urin (stickstoffreich) wird separat aufgefangen und kann verdünnt als Dünger eingesetzt werden.
  • Der Feststoffanteil (reich an Phosphor & Kohlenstoff) wird mit Streumaterial (z. B. Sägespäne, Pflanzenkohle) abgedeckt und anschließend kompostiert.
  • Es entstehen keine Gerüche, keine Abwässer, keine Kläranlagen-Abhängigkeit.

Das Ergebnis: Aus einem „Abfallprodukt“ wird ein Rohstoff. Ganz nach dem Motto: Nicht weg damit – sondern zurück in den Kreislauf.


Mehr als nur öko: Warum TTTs Sinn machen

  • Wasser sparen: Bis zu 40 Liter Wasser pro Tag können pro Person eingespart werden – allein durch den Toilettengang!
  • Nährstoffe zurückführen: Stickstoff, Phosphor und Kalium landen nicht im Klärschlamm, sondern im Boden, wo sie hingehören.
  • Unabhängigkeit schaffen: Kein Anschluss an Kanalisation nötig – ideal für Gärten, Höfe, Festivals oder autarke Projekte.
  • Kreisläufe schließen: Aus "unappetitlich" wird "nachhaltig" – durch Humusaufbau und lebendige Böden.
  • Geruchsfrei & praktisch: Moderne TTTs sind weder muffig noch kompliziert – sondern durchdacht und komfortabel


Trocken-Trenn-Toiletten zeigen eindrucksvoll: Nachhaltigkeit beginnt manchmal genau dort, wo niemand hinschauen will. Und genau deshalb lohnt es sich, genauer hinzusehen – und umzudenken...


Häufige Vorurteile – und warum sie nicht (mehr) stimmen

„Das stinkt doch bestimmt!“
Ein Klassiker – aber: moderne Trockentoiletten riechen nicht, wenn sie richtig betrieben werden. Die Trennung von Urin und Feststoffen verhindert Fäulnis, und ein wenig Streumaterial wie Sägespäne oder Pflanzenkohle bindet Gerüche sofort. Wer es ausprobiert hat, ist oft überrascht, wie angenehm es tatsächlich ist.

„Das ist doch unhygienisch!“
Ganz im Gegenteil. TTTs sind trocken, es gibt keine Spritzer, keine feuchte Oberfläche, keine Vernebelung – also viel weniger Keimausbreitung als bei Spül-WCs. Beim Leeren kommt man mit den Inhalten gar nicht in Berührung, und das Endprodukt ist nach der Kompostierung vollkommen hygienisch und geruchsneutral.

„Das ist doch nur was für Hippies und Waldhütten.“
Falsch gedacht. TTTs werden weltweit in Schulen, Städten, auf Festivals, Baustellen und sogar in modernen Tiny Houses eingesetzt. Sie sind praktisch, technisch ausgereift und gesellschaftlich relevant – vor allem in Zeiten von Wasserknappheit, Ressourcenmangel und dem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit.

„Was soll ich mit dem ganzen Zeug dann machen?“
Kompostierung ist kein Hexenwerk – und das Ergebnis ist hochwertiger Humus, den man zur Bodenverbesserung nutzen kann (z. B. im Garten). Der Urin lässt sich verdünnt als Pflanzendünger verwenden – ein natürlicher Stickstoffdünger, ganz ohne Chemie. Die Nährstoffe landen genau da, wo sie gebraucht werden: zurück im Kreislauf.

Wissenschaftlich fundiert: Warum Trocken-Trenn-Toiletten Sinn machen

Die Vorteile von Trocken-Trenn-Toiletten sind nicht nur gefühlt nachhaltig – sie sind wissenschaftlich belegt. Zahlreiche Studien zeigen, dass TTTs eine ressourcenschonende Alternative zu konventionellen Sanitärsystemen darstellen – mit positiven Effekten auf Wasserverbrauch, Nährstoffkreisläufe und Klimabilanz.


Wassereinsparung
Laut einer Studie der UN-Water (2021) werden weltweit über 30 % des Haushalts-Trinkwassers für die Toilettenspülung verwendet. Trockentoiletten sparen dieses Wasser komplett ein – das entspricht in Europa pro Person bis zu 15.000 Litern Trinkwasser im Jahr.


Nährstoffrückgewinnung
Urin enthält etwa 80 % des im menschlichen Abwasser enthaltenen Stickstoffs, sowie große Mengen an Phosphor und Kalium – alles Nährstoffe, die in der industriellen Landwirtschaft als Dünger eingesetzt werden. Studien z. B. vom Eawag-Institut (Schweiz) zeigen, dass Urin nach einfacher Hygienisierung als effektiver Pflanzendünger eingesetzt werden kann – lokal, kostenfrei, ohne Erdölförderung oder Phosphatabbau.


Klimaschutz & Ressourceneffizienz
Die herkömmliche Abwasseraufbereitung ist energieintensiv und setzt Treibhausgase frei – etwa durch Klärschlammbehandlung und Transporte. Trockentoiletten entlasten nicht nur die Kanalisation, sondern helfen auch, Kohlenstoff im Boden zu speichern, z. B. über humusbildenden Kompost in Kombination mit Pflanzenkohle („Terra Preta“-Effekt).


Hygiene und Sicherheit
Langzeitstudien zeigen, dass richtig betriebene Trockentoiletten keine Gesundheitsgefahr darstellen – im Gegenteil: Durch Kompostierung und Urin-Aufbereitung (z. B. Lagerung oder Pasteurisierung) lassen sich mögliche Keime zuverlässig unschädlich machen.


Fazit: Trocken-Trenn-Toiletten verbinden ökologische Logik mit wissenschaftlicher Nachvollziehbarkeit. Sie sind ein praktisches Beispiel dafür, wie wir mit einfachen Mitteln Ressourcen zurück in den Kreislauf holen – ganz konkret, ganz lokal.

Quellen & weiterführende Literatur

  1. Eawag – Swiss Federal Institute of Aquatic Science and Technology
    → Source Separation and Decentralization for Wastewater Management
    https://www.eawag.ch
    (Führend in Forschung zu Trockentoiletten, Urinrecycling und Nährstoffrückgewinnung)
  2. UN-Water Report 2021 – Summary Progress Update 2021: SDG 6 – Water and Sanitation for All
    https://www.unwater.org
    (Statistiken zum globalen Wasserverbrauch und Sanitärversorgung)
  3. Wostman Ecology AB – Urine Diverting Toilets in Practice
    (Technische Informationen zu Funktion, Hygiene und Anwendung von TTTs)
    https://www.wostman.se
  4. GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit): Trockentoiletten im Praxiseinsatz
    → Sanitation systems in dry regions
    https://www.giz.de
  5. Richert, A. et al. (2010): Practical Guidance on the Use of Urine in Crop Production
    Stockholm Environment Institute (SEI)
    https://www.sei.org
    (Wissenschaftliche Grundlagen zur Urindüngung)
  6. CREPA Burkina Faso / Ecosanres
    → Recycling sanitation systems in urban agriculture
    (Praxisberichte aus Westafrika zur Nutzung von TTTs und deren Erträgen)
  7. Terra Preta Sanitation (Kompostierung & Pflanzenkohle)
    https://www.terra-preta-sanitation.net


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